Waffenlieferungen Thema bei Maybrit Illner

„Wir sind hier ja nicht auf einem Basar“: Warum Strack-Zimmermann Melnyks Vorgehen für falsch hält

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).

Seit fast drei Monaten tobt Russlands brutaler Angriffskrieg in der Ukraine. Zehntausende Soldaten und Zivilisten sind seither gestorben, Millionen geflüchtet. Die ganze Welt fragt sich: Wann wird das Martyrium in der ehemaligen Sowjetrepublik ein Ende haben? Wenn es nach dem Militär- und Sicherheitsexperten vom European Council on Foreign Relations (ECFR), Gustav Gressel, geht, könnte dies noch lange dauern. „Wir haben noch sehr viel Krieg vor uns“, sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Talkshow von Moderatorin Maybrit Illner. Dennoch zeigte er sich vorsichtig optimistisch: „Die Ukraine kann den Krieg gewinnen.“

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Er gehe davon aus, dass Russland im Donbass noch bis Sommer angreifen werde, so Gressel. Sollte der russische Präsident Wladimir Putin jedoch weiter auf eine Generalmobilmachung („hat für Putin viel innenpolitisches Risiko“) verzichten, könnten seine Truppen bald nur noch „defensiv agieren“. Denn während die russische Armee durch Verluste immer weiter schrumpfe, werde die Armee auf ukrainischer Seite durch freiwillige Kämpfer immer größer. Seine Einschätzung: „Im Sommer könnte sie Überhand gewinnen“ – und später den Krieg. „Wobei ein Wiederherstellen der Waffenstillstandslinien vor dem 24. Februar ein einfacheres Ziel ist, als die Krim zurückzuerobern“, schränkte der Militärexperte ein.

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Kritik an Ukraine-Botschafter Andrij Melnyk

Nach Worten der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), kann die Ukraine weiter auf die Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzen, „solange sie im Kampf ist“. „Er geht davon aus, dass die Integrität der Grenzen wiederhergestellt wird und das teilen wir.“ Ein großes Ziel müsse nun sein, den russischen Willen zu brechen, in Zukunft wieder einen Krieg anzuzetteln. Angesichts der vielen toten russischen Soldaten hoffe sie auf eine Reaktion aus der Bevölkerung. „Putin muss klar sein, dass unter Umständen auch ein gewisser Widerstand erzeugt werden kann, wenn 18- und 19-Jährige in den Krieg gezogen werden und nicht mehr nach Hause kommen.“

Ukrainischer Botschafter Melnyk: „Deutschland und Frankreich sollen verhandeln“

Über die Lage im Krieg und einen möglichen Friedensschluss gegen die Ukraine spricht RND-Hauptstadtleiterin Eva Quadbeck mit dem Botschafter Andrij Melnyk.

Kritik äußerte die FDP-Politikerin am ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk für dessen Weg, über die Öffentlichkeit beim Thema Waffen Druck auf die Bundesregierung auszuüben. „Es hat keinen Sinn, über die Medien Wünsche zu äußern. Man muss offiziell darum bitten“, so Strack-Zimmermann, die nachlegte: „Wir sind hier ja nicht auf einem Basar.“

Diskussionen um Verteidigungsministerin Lambrecht

„Spiegel“-Autor Markus Feldenkirchen ärgerte sich derweil über etwas ganz anderes: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). „Es ist schon tragisch, dass in einer Phase, wo das Verteidigungsministerium die größte Bedeutung seit Gründung der Bundesrepublik hat, da jemand sitzt, der sich vorher mit Bundeswehr und Verteidigungspolitik nicht befasst hat“, monierte er.

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Daraufhin sprang Strack-Zimmermann für die SPD-Politikerin in die Presche. „Es gibt keine Verteidigungsministerin oder Verteidigungsminister in der Bundeswehr, welche nach 80 Tagen im Amt – losgelöst, ob sie weiß, was Sache ist – mit einem solchen Thema konfrontiert wurde.“ Sie erlebe Lambrecht als „gute Verteidigungsministerin“, die sehr viel „Fachexpertise um sich herum“ habe. Stärkende Worte von der FDP-Politikerin, die anschließend jedoch mit einem Satz zur Kompetenzeinschätzung irritierte. „Lambrecht ist eine sehr loyale Ministerin ihrem Kanzler gegenüber.“ Es gebe kein Grund, warum die Verteidigungsministerin zurücktreten sollte – „objektiv“.

19.05.2022, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (r, SPD) und Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, im Gespräch während der Debatte im Bundestag nach seiner Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Manche Minister stehen gut da, andere schlecht. Das hat Gründe. Damit Politikerinnen und Politiker ankommen, müssen sie jedenfalls vielerlei Qualitäten mitbringen. Und auch dann gibt es keine Garantie.

Strack-Zimmermann: „Putin will die Ukraine auslöschen. Punkt.“

Der Linken-Politiker Gregor Gysi nutzte die Talkshow, um seine Haltung gegen deutsche Waffenlieferungen zu untermauern. Als Nachkriegskind habe er die Folgen „des schlimmsten Krieges der Menschheitsgeschichte“ mitbekommen und für sich den Entschluss gefasst, „dass Deutschland nie wieder an Kriegen Gewinn machen soll. Wir sind der fünftgrößte Waffenexporteur der Welt – wir verdienen immer daran, das gefällt mir nicht.“ Illner fragte, warum andere Länder Waffen an die Ukraine liefern könnten, Deutschland aber nicht? Gysi: „Wir haben eine andere Geschichte als die anderen Länder. Das ist der Punkt. Die anderen Länder können das gerne machen.“ Er rückte stattdessen andere Unterstützungsmöglichkeiten in den Blickpunkt: „Es gibt doch auch humanitäre Hilfe, die ungeheuer wichtig ist.“

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Für die ukrainische Fotografin und Autorin Yevgenia Belorusets schien Gysi die Lage nicht verstanden zu haben. „In dieser Situation, wo mein Land zerstört wird, über humanitäre Hilfe zu sprechen, bedeutet zuzusagen: Ja, diese Zerstörungen sind okay für uns. Wir können das ansehen, wir gewöhnen uns an die schlechten Nachrichten.“ Der Linken-Politiker wiederholte sein Argument, Belorusets schoss zurück: „Man kann nicht mit der Geschichte rechtfertigen, was heute passiert.“ Gleichwohl warnte sie, sollte Putin nicht für immer gestoppt werden, „dann passiert eine stille Phase, in der ein nächster Angriff vorbereitet werden kann“. Strack-Zimmermann unterstrich: „Er möchte die Ukraine auslöschen. Punkt.“

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Gressel sieht in der aktuellen Lage aber viele Anzeichen dafür, dass Russland geschwächt aus diesem Krieg herausgeht. „Deshalb gehen Schweden und Finnland jetzt in die Nato: Weil die russische Armee schon keinen zweiten großen Krieg in Europa mehr aufreißen kann. Die Truppen dafür gibt es nicht mehr.“ Der Militärexperte konkretisierte: „Für die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, ist die russische Armee substanziell geschwächt.“

Von der Leyen: Ungarn hat Forderungen für EU-Ölembargo

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlug vor, künftige Wiederaufbauhilfen für die Ukraine angesichts des EU-Beitrittswunsches des Landes an Reformen zu koppeln. „Wir werden sowieso den Wiederaufbau der Ukraine mitfinanzieren müssen“, sagte sie. Dann sei es ihrer Ansicht nach sinnvoll zu sagen: „Ja zu Investitionen, aber gleich mit den notwendigen Reformen, zum Beispiel gegen Korruption oder zum Beispiel für den Aufbau der Rechtsstaatlichkeit. Das will die Ukraine auch, ich habe das heute Morgen noch einmal mit Präsident (Wolodymyr) Selenskyj besprochen.“

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Ukrainischer Außenminister Kuleba wirbt für EU-Beitritt der Ukraine

Bei seinem Besuch in Deutschland wirbt der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba eindringlich für den EU-Beitritt der Ukraine.

Der Ablauf des Beitrittsverfahrens hänge letztlich davon ab, wie sich die Ukraine entwickle, betonte von der Leyen. „Es hängt von der Ukraine selber ab, wie sie am Ende dieses Krieges diesen Wiederaufbau schafft, bei dem wir helfen werden, aber wie sie tatsächlich die Reformen umsetzt, wie sie die Oligarchen loswird, wie sie notwendige wirtschaftliche Reformen macht.“

Von der Leyen äußerte sich auch zum ungarischen Widerstand gegen das EU-Embargo auf russisches Öl. „Ungarn möchte Investitionen dafür in Solarenergie, das ist ja grundsätzlich gut, aber wir müssen noch über die Höhe der Investitionen sprechen“, sagte die Kommissionspräsidentin. „Und da wird sich zeigen, ob es ein ernsthaftes Interesse ist oder ob da Politik gemacht wird.“

Mit dpa

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